Institut für Führungslernen

Längere Schulleitungsausbildung als Allerheilmittel?

Der Artikel „Vom Pädagogen zum Manager“ von Raphaela Birrer, publiziert im Tagesanzeiger vom 18.05.15, provoziert!

Jede vierte Schule – so kann man da lesen – ist nicht zufrieden mit ihrer Schulleitung. Der Lehrerverband fordert eine bessere Ausbildung für Schulleiterinnen und Schulleiter.

Zweifellos ist das Leiten einer Schule eine komplexe Herausforderung und verlangt hohen Einsatz.

Im Artikel von Raphaela Birrer wird suggeriert, dass insbesondere bessere Leute in der Schulleitung Probleme der Lehrerinnen und Lehrer lösen oder diesen zumindest besser gefallen könnten.

Was heisst „besser“ und wie werden Schulleiterinnen und Schulleiter „besser“?

Indem sie eine längere Ausbildung machen und so die Gelegenheit haben noch mehr hoffentlich hilfreiches Wissen anzusammeln? Löst „mehr desselben“ die offensichtlich vorhandenen Probleme? Hinter dieser Überzeugung stehen zwei zumindest fragwürdige Annahmen.

Zum einen die Annahme, dass eine Berufsgruppe verantwortlich sei für die auftretenden Probleme und die Unzufriedenheit von 25% aller Lehrpersonen mit der Schulleitung. Zum andern die Aussage, dass möglichst viel Fach- und Sachwissen zu Führung das berufliche Handeln als Führungsperson qualitativ verbessern könne.

 

Schulleitung ist ein in der Schweiz immer noch junges Puzzleteil im Gesamtsystem der Volksschule. Verständlich, dass die Funktion Schulleitung besonderem Interesse ausgesetzt ist und Fragen nach Sinn und Nutzen von Schulleitungsleistungen zum Beispiel für die Lehrerinnen und Lehrer nachgegangen wird. Ob Untersuchungen, die die Zufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Teamkollegen, mit der Schulbehörde oder der Bildungsdirektion erfassen würden nicht ähnliche oder noch bedenklichere Resultate ergäben? Will das jemand wissen? Und müsste auch da die Konsequenz gezogen werden, dass diese Amtsträger eben eine längere (= bessere) Ausbildung bräuchten?

Wohl kaum! Immerhin verfügen wir über genügend Wissen zu komplexen Systemen um zu verstehen, dass es nicht hilfreich ist die Verantwortung für ein Problem einseitig einzelnen Personen oder Funktionen zuzuschreiben.

Vielmehr sind zum Beispiel hohe kommunikative Kompetenzen aller Beteiligten – selbstverständlich auch der Schulleitenden – gefragt, um ein System günstig beeinflussen zu können. Günstig für Schule ist, guten Unterricht zu gestalten, der das Lernen von Schülerinnen und Schülern in hohem Masse ermöglicht.

 

Was liegt da näher als den Zugang oder das Verständnis von Aus- und Weiterbildung auf den Prüfstein zu stellen? Macht es Sinn durch Verlängerung der Lehrgänge noch mehr Wissen, Modelle, wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse kognitiv zu vermitteln und zu hoffen, dass dies dann irgendwie das Handeln der Einzelnen durchdringt?

Wohl kaum – dieses „more-of-the-same“ bringt offenbar nicht weiter.

Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter die in die Aus- und Weiterbildung kommen, können und wissen bereits sehr viel. Ausgangslage für das Weiterlernen ist letztlich ihr Handeln. Davon auszugehen und mit einem Setting zu arbeiten und zu lernen, in dem das Handeln mit allen Facetten der Persönlichkeit zum Einsatz kommt und wirksam und beobachtbar wird ist – wie die Erfahrung mit L3 zeigt – ein besonders wirksamer Weg.

Durch qualifiziertes Feedback können die einzelnen viel darüber erfahren wie sie als Person z.B. auf eine Gruppe einwirken, wie die Gruppe auf sie wirkt, welche Muster das Geschehen bestimmen, welche Prozesse wie entstehen und wie diese beeinflusst werden können. So entsteht Wissen durch Erfahrungen. Wissen, das gefestigt und in Beziehung gesetzt wird zu relevantem Führungswissen, Forschungsergebnissen und Konzepten.

Die gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse werden so zur nachhaltig in der Persönlichkeit verankerten Grundlage für die Führungsprozesse in der Schule.

 

Nicht allein die Verlängerung von Ausbildungen wie das die Fachhochschulen aktuell versuchen, also die Quantität, sondern auch und vor allem veränderte didaktische und methodische Zugänge, die Persönlichkeitsentwicklung und kompetentes Handeln als Führungsperson zum Ziel haben, führen zu mehr Qualität.

Ruth Peyer

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